Sie ist die gezielte Beeinflussung von örtlich begrenzten oder auch allgemeinen Störungen des Organismus unter Zuhilfenahme des vegetativen Nervensystems. Das vegetative Nervensystem umfasst den Sympathikus (Tagaktivität) und den Parasympathikus (Nachtruhe). Beide, sowohl Sympathikus als auch Parasympathikus können nicht willentlich beeinflusst werden, sie unterliegen dem Unterbewußtsein. Bei der Neuraltherapie werden periphere und/oder zentrale Strukturen des Vegetativums durch Lokalanästhetika reversibel blockiert. In dieser kurzzeitigen reversiblen (= umkehrbahren) Impulsunterbrechung des Vegetativums kann die Normalisierung der Membranfunktionen des Nervensystems im Injektionsgebiet erfolgen. Das Ziel ist die Normalisierung und Reharmonisierung der gestörten Regelkreise.
Lokalanästhetika, wie Procain oder Lidocain, haben zwar eine örtlich schmerzbefreiende Wirkung, werden jedoch in der Neuraltherapie wegen dieser Eigenschaften primär nicht eingesetzt. Interessant sind nämlich ihre weiteren Wirkqualitäten, der Einfluss auf die Strukturen den Vegetativums und die endoanästhetische Wirkung. Infiltrationen und Injektionen erfolgen entweder am Schmerzpunkt (locus dolendi), am Segment, über zentrale Stellen des Vegetativums, intravasal und/oder an den Störfeldern (z. B. Narben).
Körpersegmente im Sinne der Segmentlehre sind miteinander verschaltete Organbereiche einer Ebene, die sich über die Haut beeinflussen lassen. Als Störfelder werden chronische, meist abakterielle, meist lange Zeit symptomlose Entzündungen, die den Gesamtorganismus energetisch belasten, bezeichnet. Auffällig häufig sind es Narben, die Störfeldcharakter gewinnen können, besonders am Kopf, und auffallend häufig finden sich Störfelder, d.h. umschriebene chronische Entzündungen, im Zahn-Kiefer-Bereich und in den Nasennebenhöhlen. Grundsätzlich aber können Störfelder an jeder Körperstelle vorkommen.
Die häufigsten Erkrankungen durch Störfelder sind Migräne, Tinnitus, Trigeminus-Neuralgie, chronische Sinusitis, Bronchialasthma, Allergien, Schilddrüsenfehlfunktionen, Herzrhythmusstörungen, chronische Prostatitis, Zyklusstörungen, chronische Darmentzündungen, orthopädisch-rheumatische Erkrankungen, Durchblutungsstörungen, vegetative Regulationsstörungen und Tumorleiden.
Sehr schön ist für den Patienten das Erleben des sogenannten Ein-Sekunden-Phänomens: unmittelbar nach Injektion des Mittels verspürt der Patient eine Erleichterung bzw. Entspannung in der Schmerzgegend bzw. am Ort des Geschehens (z. B. Schleimlösung in den Nasennebenhöhlen). Der Erfolg ist für den Patienten sofort spürbar und trotzdem meist unfassbar zugleich, dass sich so schnell etwas tut.